Was ist der Beckenboden?
Der Beckenboden ist eine Muskelplatte, die wie eine elastische Hängematte den unteren Abschluss deines Beckens bildet. Er besteht aus mehreren Muskelschichten und spannt sich zwischen Schambein (vorne), Steißbein (hinten) und den beiden Sitzbeinhöckern (seitlich) auf – so ähnlich wie eine Raute. Er besitzt die Form einer Schale, die im kleinen Becken liegt und ist etwas weniger dick als eine Hand.
Diese Muskulatur ist im Alltag meist unsichtbar und arbeitet ganz automatisch. Dennoch ist sie für viele wichtige Funktionen verantwortlich – und besonders in der Schwangerschaft und nach der Geburt spielt sie eine zentrale Rolle!
Aufgaben des Beckenbodens
• Stabilisierung und Stütze:
Der Beckenboden trägt die Organe (Blase, Gebärmutter, Darm) und schützt sie davor, nach unten zu „rutschen“.
• Kontinenz:
Er kontrolliert das Schließen und Öffnen von Harnröhre und After – damit du selbstbestimmt zur Toilette gehen kannst.
• Sexualität:
Ein trainierter Beckenboden kann das Lustempfinden steigern und ist wichtig für erfüllte Sexualität.
• Kraftübertragung und Bewegung:
Der Beckenboden arbeitet eng mit Bauch-, Rücken- und Hüftmuskulatur zusammen. Er hält das Gleichgewicht im Körper, gibt Kraft beim Heben, Gehen und sogar beim Lachen oder Niesen.
Gerade in der Schwangerschaft wird der Beckenboden besonders stark beansprucht, da das Gewicht von Kind und Gebärmutter zunimmt und die Hormone das Gewebe lockerer machen.
Wie ist der Beckenboden aufgebaut?
Dein Beckenboden besteht aus drei Muskelschichten, die sich übereinander anordnen:
1. Äußere Schicht: Umschließt die Körperöffnungen und ist für das bewusste Anspannen und Entspannen zuständig.
2. Mittlere Schicht: Verläuft quer und sichert die Lage der Organe.
3. Innere Schicht: Bildet die tiefste Ebene und läuft längs – sie ist besonders wichtig für die Stabilität und trägt das Gewicht.
Stell dir den Beckenboden wie eine elastische, aber feste „Trampolinfläche“ vor, die flexibel nachgibt, aber auch wieder zurückfedert.
Wo genau liegt der Beckenboden und wie spürst du ihn?
• Vorne: Befestigung am Schambein (Symphyse)
• Hinten: Ansatz am Steißbein
• Seitlich: Verbindung an den beiden Sitzbeinhöckern
Wenn du dich auf deine Hände oder ein zusammengerolltes Handtuch setzt, kannst du die Sitzbeinhöcker rechts und links gut spüren. Zwischen diesen vier Punkten ist der Beckenboden wie ein Trichter oder eine Raute aufgespannt.
Wie kannst du deinen Beckenboden wahrnehmen?
Am Anfang ist es oft gar nicht so leicht, den Beckenboden gezielt zu spüren oder anzuspannen. Das ist ganz normal!
Mit ein paar Tricks gelingt es besser:
• Setze dich auf ein Handtuch oder deine Hände, um die Knochen und den Kontakt zu spüren.
• Atme ruhig ein und aus. Beim langen Ausatmen (wie eine Kerze auspusten) versuchst du, alle drei Körperöffnungen sanft zu verschließen (als würdest du Urin, Stuhl oder Luft zurückhalten).
• Halte die Spannung nur so stark wie nötig – etwa 30% deiner Kraft reichen aus!
Stell dir vor, du würdest eine Blaubeere nur ganz sanft anheben, ohne sie zu zerdrücken.
Du kannst diese Wahrnehmungsübung im Sitzen, Liegen, Vierfüßlerstand, Stehen oder auf der Seite ausprobieren. Nicht jede Position funktioniert für jede Frau gleich gut – finde heraus, was dir persönlich am meisten hilft!
Warum ist das Training und Bewusstmachen des Beckenbodens so wichtig?
• Es beugt Beschwerden wie Inkontinenz, Senkungen oder Rückenschmerzen vor.
• Es unterstützt dich bei der Geburt und hilft dir, dich nach der Geburt schneller zu erholen.
• Es sorgt für mehr Wohlbefinden, Selbstvertrauen und eine stabile Körpermitte.
Der Beckenboden ist wie ein „Powerzentrum“ deines Körpers – je besser du ihn kennst, desto leichter kannst du ihn im Alltag und im Sport gezielt einsetzen und schützen.
Warum ist Beckenbodentraining in der Schwangerschaft wichtig?
Beckenbodentraining in der Schwangerschaft ist entscheidend, weil viele Frauen erst nach der Geburt mit Beckenbodenproblemen wie Inkontinenz konfrontiert werden, obwohl Prävention schon in der Schwangerschaft sinnvoll und wirksam ist. Inkontinenz ist ein Tabuthema, das selten aktiv angesprochen wird, obwohl es viele betrifft. Frühzeitiges Training kann helfen, Beschwerden vorzubeugen und die Lebensqualität zu erhalten.
Vorteile von Beckenbodentraining in der Schwangerschaft
• Prävention von Inkontinenz: Studien zeigen, dass Beckenbodentraining während der Schwangerschaft das Risiko für Belastungsinkontinenz nach der Geburt deutlich senkt.
• Bessere Wahrnehmung und Kontrolle: Frauen lernen, ihren Beckenboden gezieltanzuspannen und zu entspannen, was für die Geburt und die Zeit danach wichtig ist.
• Reduktion schwerer Geburtsverletzungen: Es gibt Hinweise darauf, dass das Training die Rate schwerer Dammrisse (3. und 4. Grades) verringern kann.
• Kürzere Austreibungsphase: Beckenbodentraining kann zu einer verkürzten Austreibungsphase während der Geburt beitragen.
• Empowerment und Selbstbestimmung: Frauen werden über ihren Körper aufgeklärt und können informierte Entscheidungen über ihre Geburt treffen.
• Besseres Körpergefühl und Unterstützung bei Haltung/Gleichgewicht: Der Beckenboden trägt zur Stabilität und zum Gleichgewicht bei, was in der Schwangerschaft besonders wichtig ist.
Studienlage
• Brown (2015, UK): 70% der Frauen mit Harninkontinenz sprechen das Problem
nicht beim Arzt an.
• Macarthur (2016): 76% der Frauen, die drei Monate nach der Geburt inkontinent
sind, bleiben es auch noch nach zwölf Jahren.
• Hansen (2012): Im ersten Jahr nach der Geburt ist die Rate der
Belastungsinkontinenz fast doppelt so hoch wie bei Frauen, die noch keine Kinder
geboren haben (Nullipara).
• Siff, Morkved & Kari Bø (u.a.): Belegen die Wirksamkeit von Beckenbodentraining
in der Schwangerschaft zur Prävention von Belastungsinkontinenz.
• Johannessen et al. (2014), Bo et al. (2017): Etwa 40% der Frauen leiden in der
Schwangerschaft an Belastungsinkontinenz, ca. 25% auch langfristig nach der
Geburt.
• Weitere Hinweise: Die beste Evidenz für die Wirksamkeit von
Beckenbodentraining gibt es für die Schwangerschaft, weniger klar ist die
Studienlage für die Zeit nach der Geburt.
Dein Ziel für diese Woche:
Lerne deinen Beckenboden kennen, spüre seine Funktion, und übe in kleinen Schritten die bewusste Aktivierung. Mit der Zeit wirst du merken: Je öfter du übst, desto leichter und selbstverständlicher wird der Kontakt zu diesem wichtigen Muskel!
Wenn du Fragen hast oder unsicher bist, komm gerne auf mich zu – gemeinsam
finden wir die beste Strategie für dich und deinen Beckenboden!
